Macht man heute einen Spaziergang durch Schlebusch, oder wie wir Schlebuscher sagen, durchs „Dorf“, so führt uns unser Weg an einigen alten historischen Gebäuden vorbei. Eines dieser Gebäude ist der Binnester Hof, auch Junkershof genannt, an der Odenthaler Straße (früher Junkers Gasse) und Ecke Bergische Landstraße (früher Wermelskirchener Straße).
Wie aus alten lokalgeschichtlichen Veröffentlichungen hervorgeht, werden im Raum Schlebusch ehemalige Wasserburgen vermutet: in Schlebuschrath und im Bereich des Binnester Hofes.
Der Rittersitz zu Schlebusch, der schon im 12. Jahrhundert entstanden sein soll, wird mit dem Binnester Hof sowie auch mit der Zirkelenburg in Verbindung gebracht. Auch die einst nahe gelegenen Mühlen sowie die Hinweise auf eine Kapelle und eine Kirche mit „Kirchhöfchen“ verdichten die Annahme für einen mittelalterlichen Rittersitz in diesem Bereich. Die Zirkelenburg ist als „Gut Tzerkelenburg“ erstmals in einer Urkunde aus dem Jahre 1515 in Verbindung mit Stiftungen von Messen in der Kirche von Schlebuschrath belegt. In einem Verzeichnis aus dem Jahre 1676 ist von der „Zirkelenberg Capelle“ die Rede, die möglicherweise die Kapelle eines Rittersitzes gewesen ist.
Peter Opladen gibt im Schlebuscher Heimatbuch eine Stelle an, bei der es sich wohl um die „alte Dünfelder Straße“ handelt, deren Lage teilweise identisch mit dem Verlauf der heutigen Gezelinallee war.
Hermann Fach und Peter Kombüchen wollen 1951 auf dem beschriebenen Gelände, mittels Wünschelrute, Gebäudegrundrisse festgestellt haben. Die ehemalige Straßenbezeichnung „Burggasse“, die heutige Odenthaler Straße, deutet ebenfalls auf eine Burganlage hin. Auf einer Karte aus dem Jahre 1710, das Jagdgebiet von Morsbroich betreffend, ist „Slebusch“ noch als wasserumschlossene Insel dargestellt.
Da das Schlebuscher Wappen die sogenannte Wolfsangel mit umschlungenem Ring aufweist, könnte man diesen Ring mit der Bezeichnung „Zirkelenburg“ oder mit einer „zirkelrunden Umwallung“ in Verbindung bringen. Dieses müsste jedoch gesondert untersucht werden.
Der „Binnester Hof“ (Junkershof) war lange Zeit im Besitz der Familie von Schlebusch, welche im 15. und 16. Jahrhundert Amtmänner des Amtes Miselohe stellte. Das heutige Wohnhaus ist ein vom Deutschordenskomtur von Roll 1784 auf alten Kellergewölben neu errichtetes Gebäude. Die ältesten Teile des Hofes sollen auf das 17. Jahrhundert zurückgehen. Bei Straßenbauarbeiten 1939 an der B 51 wurden vor dem Wohnhaus Gewölbemauern freigelegt, die mit unterirdischen Gängen in Verbindung gebracht werden.
Der mittelalterlich wirkende Turm im Hof wurde von dem Besitzer 1848, vermutlich zur Haltung von Bienen, Hühnern und Tauben, auf altem Bruchsteinmauerwerk errichtet. Die Turmhaube schmückt eine Wetterfahne mit den Buchstaben „J. H. = Johanna Haas“, der Hofbesitzerin um 1900 und „E“, mit der Jahreszahl 1940, das Jahr der Renovierung durch die heutigen Besitzer, die Familie Ern.
In der nördlichen Umgrenzungsmauer ist eine ehemalige Toröffnung zu erkennen, welche lagemäßig mit dem auf der Karte von 1823 – 27 dargestelltem Zugang übereinstimmt. Oberhalb des Torbogens sind noch Mauernischen und Eisenverankerungen zu sehen, die zur Halterung einer Zugbrücke gehört haben könnten. Das sich anschließende Wirtschaftsgebäude weist eine äußere 90 cm dicke alte Bruchsteinmauer auf. Ein Kanaldeckel im Hof markiert die Lage des Brunnens, der hier einst mit einem Brunnenhäuschen überbaut war. Auf der Landkarte sind noch Reste des ehemals umschließenden Wassergrabens „Der Weyer“ sowie der „Lötzelbach“ mit Teich „Der kleine Weyer“ zu erkennen.
Eine Namensdeutung für „Binnester Hof“ gibt z.B. Montanus in der Sage „Der Scheele in Schlebusch“: Im Dorfe liegt ein Edelhof, der ehedem mit Mauern und Gräben umfangen war, wegen der Lage binnen, d.h. im Dorfe, der binnerste Hof genannt wurde.
K. Breuer schreibt 1958, dass sich das Dorf Schlebusch allmählich um den anfangs allein vorhandenen Rittersitz gebildet hat. Von dieser Lage innerhalb der Siedlung habe er dann den Namen „Binnester Hof“ erhalten. Diese beiden Deutungen scheinen nicht zutreffend, denn das Dorf Schlebusch hat sich entlang der Bergischen Landstraße entwickelt und nicht um den „Binnester Hof“.
Auf der Flurkarte von 1829 der Bürgermeisterei Schlebusch ist nordöstlich des „Bennersterhof“ der Flurname „Kirchhöfchen“ eingetragen. In verschiedenen geschichtlichen Veröffentlichungen wird diese Flur einmal „Kirchhöffgen“ oder aber auch „Am Kirchenhöfchen“ genannt. Diese vorliegenden Schreibvarianten lassen die Deutung auf einen kleinen Kirchhof zu. Dieser Ort war unweit des „Binnester Hofes“ an der Odenthaler Straße. Denn zur damaligen Zeit war es Sitte, die Verstorbenen unmittelbar im Bereich des Gotteshauses zu beerdigen. Dies würde auch das Ergebnis der beiden Wünschelrutengänger, der Lehrer Fach und Kombüchen aus Schildgen vom Dezember 1951 bestätigen, die zu dem Ergebnis kamen, im oberen Teil der „Gärtnerei Beier“ ein Gräberfeld mit 24 Grabstätten, in dem höher liegendem Obstfeld des „Obsthofes Hülstrunk“ weitere 2 Felder mit je 25 Gräbern und über diesem Feld 2 Felder mit Kindergräbern. Die Gräber lagen alle in Ost-West-Richtung.
Auf diesem Terrain der anliegenden Weide des „Binnester Hofes“ wiesen die Rutengänger dann auch den Grundriss des zugehörigen Kirchleins nach. Die Kirche oder Kapelle, die zur Anlage einer mittelalterlichen Rittersitzanlage gehörte, war Eigenkirche, die der Grundherr auf seinem Grund nach damaligem Kirchenrecht aus eigenen Mitteln bauen ließ. Hinweise aus dem erst 1986 im „Fürstlich-Wiedischen Archiv“ ausfindig gemachten Testament des Johann von Schlebusch weisen auf den Standort dieser Kirche hin. Dieser Johann von Schlebusch erwähnt einmal die Kirche von Schlebusch und an anderer Stelle die Kirche von Schlebuschrath, die er beide mit Stiftungen bedacht hat. Weiter weist Johann von Schlebusch darauf hin, einmal auf dem Friedhof oder Kirchhof von Schlebusch beerdigt zu werden, wo auch seine Eltern begraben liegen. Weitere Verfügungen mit Stiftungen für das „Officium zo Slebusch Roede“ und für Messen in der Pfarrkirche zu Schlebuschrath und Jahresmessen in der Kirche zu Schlebusch, dort wo sein Grab einst sein wird. Des Weiteren soll ein ehrbarer Priester nach jeder Messe das ganze Jahr lang zum Grab gehen und ein Gebet sprechen und auch mit dem heiligen gebenedeiten Weihwasser segnen. Hieraus ist zu schließen, dass der Friedhof (Kirchhof) nahe der Kirche war. Diese Verfügung bestätigt, dass im Jahr 1510 die Kirche von Schlebuschrath Pfarrkirche war und die Kirche in Schlebusch weiter existierte und nur gelegentlich genutzt wurde.
Da ausdrücklich nur von der „Kyrchenn zo Slebusch“ die Rede ist, scheint damit nicht die „Capell im Dorf, die Schlebuschcapell geheißen“ gemeint zu sein, welche erst 1582 belegt ist. Kirchenfenster, die sich heute als Reste im „Victoria and Albert Museum“ in London befinden und Reste aus dem Kreuzgangfenster des einstigen Zisterzienserklosters Mariawald bei Heimbach, sind Stiftungen der Ritter von Schlebusch Anfang des 16. Jahrhunderts. Zu den wenigen Originalen befinden sich zwei Stifterbildnisse des Johann und Peter von Schlebusch mit Bild und Schlebuscher Wappen.
Durch die zweimalige Zerstörung von Schlebusch ist vieles untergegangen und aus den Trümmern und Überresten das neue Dorf entstanden. Vielleicht kommt ja durch eine spätere Bebauung auf dem Gelände von „Martin & Merkel“ oder der Wiese an der Odenthaler Straße alte Schlebuscher Vergangenheit wieder zu Tage.

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