1986 feierte die Gemeinde St. Andreas die „850. Jahrfeier des Heimatseligen Gezelinus“, so Dechant Heinrich Fein im Faltblatt, das seinerzeit zur Festoktav herausgegeben wurde. Zur Feier dieses Jubiläums hatte man sich einiges einfallen lassen. Der Schlebuscher Künstler Helmut Plönes hat ein Emblem entworfen, das heute noch genutzt wird, Studiendirektor Erich Läufer das Büchlein „Gezelinus – der Selige aus dem Dhüntal“ verfasst und Stadtdechant Dr. Dieter Froitzheim ein Gezelinlied gedichtet. Neben den üblichen Gottesdiensten zur Festoktav gab es auch einen ökumenischen Gottesdienst am Mittwochabend und einen Festvortrag von Studiendirektor Läufer am Donnerstagabend.
Auf dem Faltblatt zur Festoktav werden die Jahreszahlen 1136 – 1986 angeführt. Was Dechant Fein zu dieser Setzung veranlasst hat, ist heute nicht mehr zu ermitteln. Üblicherweise feiert man das Gedenken eines Heiligen an seinem Todestag, dem Geburtstag für das ewige Leben. Entsprechend müsste sich ein Jubiläum auf das Todesjahr des Verehrten beziehen. Im Heimatbuch von Dr. Peter Opladen heißt es dazu: „Als Todesjahr gibt der Forscher Leonhard Korth das Jahr 1137 an. Aber das ist eine Verwechslung mit Schetzelo von Luxemburg, der tatsächlich um das Jahr 1137 starb“ (Heimatbuch S. 83). Dr. Froitzheim greift diese Datierung auf. In einem Artikel für die Reihe „Niederwupper – Historische Beiträge“ schreibt er: „Die 850-Jahrfeier bringt uns noch einmal zurück zu der Frage: Wann hat der heilige Gezelinus denn gelebt? An vielen Stellen findet sich der Hinweis, er sei im Jahre 1136/37 gestorben.“ (Heft 14 (1993/94), S. 46). Als Bürgen nennt Froitzheim ebenfalls Leonhard Korth, aber ohne den Hinweis auf eine Verwechslung mit Schetzelo von Luxemburg, wohl um das Jubiläum von 1986 zu retten. Folgen wir dieser Datierung, feiern wir 2011 (oder eher 2012) den 875. Todestag unseres Seligen.
Allerdings ist diese Festlegung kaum mit der Überlieferung zu vereinbaren, Gezelinus sei ein Laienbruder des Klosters Altenberg gewesen, die Froitzheim konsequenterweise auch als unhistorisch einstuft. Denn dieses Kloster wurde erst 1133 gegründet. Gezelinus wäre nur kurze Zeit für sein Wirken auf dem Abteigut Alkenrath geblieben. Deshalb kommt die Altenberg-Tradition zu einer anderen Datierung. Dem von Pfarrer Bröhl herausgegebenen Pilgerbüchlein zufolge ist Gezelinus „um das Jahr 1135 in die Zisterzienser-Abtei Altenberg geschickt“ worden, „wo ihm der Obere den niedrigsten Dienst eines Schafhirten auf dem Abteigute Alkenrath, nahe bei Schlebuschrath, übertrug. Hier in der stillen Einsamkeit führte Gezelin vierzehn Jahre lang ein Leben des Gebetes und der Abtötung …“ (Pilgerbüchlein, 1958, S. 3). Läufer folgt dieser Datierung, wenn er schreibt: „Vieles spricht dafür, dass Gezelinus im Jahre 1149 gestorben ist“ (Gezelinus – der Selige aus dem Dhüntal, S. 27). Demnach könnten wir uns mit der Feier des Jubiläums also noch etwas Zeit lassen. Der 875. Todestag des Seligen fiele dann in das Jahr 2024. Natürlich hat Läufer das gewusst und nennt darum einen anderen Grund für das 1986 gefeierte Jubiläum: „Es sind jetzt 850 Jahre vergangen, seit Gezelinus in Morimond aufgebrochen ist und ins Dhüntal kam“, heißt es auf der Rückseite seines Gezelin-Buchs.
Die Frage der richtigen Datierung wird wohl kaum zu lösen sein, da über den seligen Gezelinus wenig bekannt ist. Fest steht, dass er in Schlebusch und Umgebung seit mehr als 500 Jahren verehrt wird. Das älteste historisch belastbare Zeugnis ist ein Heiligenverzeichnis aus dem Jahre 1515. Es nennt unter den Heiligen, deren Gedächtnis man am 6. August feiert, unseren Seligen mit den Worten: „Ebenso des Bekenners Gezelinus seligen Gedenkens, der in Schlebuschrath im Herzogtum Berg ruht.“
Die Frage, ob das 875. Gezelin-Jubiläum nun 2011, 2012 oder erst 2024 zu feiern ist, ist letztlich auch nicht entscheidend. Entscheidend ist, ob es uns gelingen wird, die Verehrung des seligen Gezelinus an die folgenden Generationen weiterzugeben. Dabei kommt es nicht auf kaum noch zu erhebende historische Fakten an, sondern auf die Erschließung der Legenden, die sich um seine Gestalt ranken. Bemühungen dazu gibt es genug. So schreibt zum Beispiel Dr. Froitzheim in dem oben bereits zitierten Beitrag: „Und was fangen wir mit den legendenhaften Überlieferungen an? Wir versuchen, ihren eigentlichen Sinn zu verstehen. Dass Gezelinus vornehmer, vielleicht gräflicher Herkunft gewesen sein soll, will uns daran erinnern, dass wir durch die Taufe zu einer ‚königlichen Priesterschaft‘ gehören (vgl. 1 Petr 2,9). Dass Gezelinus eine wundertätige Quelle erschlossen habe, verweist uns wiederum auf die Taufe und letztlich auf Gott, der uns ‚mit dem Strom seiner Wonnen‘ tränkt, und bei dem ‚die Quelle des Lebens‘ ist (vgl. Ps 36,9f). Und dass Gezelin ein Schaf- oder Schweinehirt gewesen sei, will uns klarmachen, dass auch die niedrigste Arbeit zur Ehre Gottes und zum Heil der Menschen getan werden kann und ein Weg zur Heiligkeit sein kann.“ (ebd. S. 48f.)
Ob 2024 noch die Gezelinoktav am Waldaltar bei der Kapelle gefeiert wird? Eine Prognose wage ich nicht. Aber wenn das gelingen soll, dann sind wir auch auf das Mittun der Bruderschaft angewiesen, die ihre Tracht mit einem Abbild der Kapelle ziert, auf das Mittun der Schule und des Jugendverbandes, die sich nach unserem Ortsseligen benannt haben, und auf das Mittun aller aktiven Christen in unserem Seelsorgebereich, dessen größerer Teil einige Jahre die Bezeichnung „Leverkusen – rund um die Gezelinquelle“ getragen hat.

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